Wenn man den Namen Iron Maiden hört, denkt man sofort an den galoppierenden Bass, die sirenenhaften Gesangsharmonien, die epischen Gitarrenduelle und natürlich an das ikonische Maskottchen Eddie. Seit über vier Jahrzehnten prägen sie die Welt des Heavy Metal und füllen Stadien auf der ganzen Welt. Doch wer sind die Männer hinter dieser musikalischen Urgewalt? Was treibt sie an, wenn die Lichter der Bühne erloschen sind und die Verstärker schweigen?
Viele kennen ihre Rollen auf der Bühne: den stoischen Bassisten, den energiegeladenen Sänger, die virtuosen Gitarristen und den grinsenden Schlagzeuger. Aber abseits des Rampenlichts verbirgt sich eine Welt voller faszinierender Hobbys, beeindruckender Zweitkarrieren und tiefgründiger Leidenschaften, die das Wesen dieser Legenden ausmachen.
In diesem Artikel nehmen wir dich mit auf eine Reise hinter die Kulissen. Wir beleuchten die Mitglieder von Iron Maiden nicht nur als Musiker, sondern als Menschen – als Piloten, Fischer, Fußballfanatiker, Historiker und Männer des Glaubens. Schnall dich an, denn du wirst die eisernen Jungfrauen sehen, wie du sie noch nie zuvor gesehen hast. Up the Irons!

Steve Harris: Der Kapitän und das Herz der eisernen Jungfrau
Jede große Geschichte hat einen Anfang, und die Geschichte von Iron Maiden beginnt mit Stephen “Steve” Percy Harris. Als Gründer, Hauptsongwriter und Bassist ist er der unbestrittene Anführer und die kreative treibende Kraft der Band. Sein markanter, galoppierender Bass-Stil ist nicht nur das Fundament des Maiden-Sounds, sondern ein eigenes Markenzeichen im gesamten Metal-Genre.
Auf der Bühne ist er die Ruhe in Person. Konzentriert, präzise und immer im Dienst des Songs. Doch hinter dieser stoischen Fassade brennt ein Feuer, das weit über die Musik hinausgeht.
Der unerschütterliche Fußballfanatiker
Wenn Steve Harris nicht gerade Bass spielt, gehört sein Herz einer anderen großen Liebe: dem Fußball. Genauer gesagt, dem Londoner Verein West Ham United F.C.. Diese Leidenschaft ist kein oberflächliches Hobby; sie ist tief in seiner Identität verwurzelt. Wer genau hinsieht, erkennt auf seinem Bass fast immer das berühmte “Hammers”-Logo.
Schon in den frühen Tagen der Band organisierte Harris Fußballspiele für die “Maiden F.C.”, eine Mannschaft bestehend aus Band- und Crew-Mitgliedern, die gegen lokale Teams, Journalisten und andere Musiker antrat. Diese Tradition festigte nicht nur den Zusammenhalt, sondern zeigte auch Harris’ Führungsqualitäten abseits der Bühne. Er war sogar ein talentierter Nachwuchsspieler und träumte einst von einer Profikarriere bei West Ham, bevor er sich voll und ganz der Musik widmete. Ein Glücksfall für die Metal-Welt!
British Lion: Das melodische Nebenprojekt
Man könnte meinen, das Songwriting für eine der größten Bands der Welt würde ausreichen, doch Steve Harris hat noch mehr zu sagen. 2012 rief er sein Nebenprojekt British Lion ins Leben. Hier zeigt er eine andere, erdigere und stärker vom klassischen 70er-Jahre-Hardrock beeinflusste Seite.
British Lion ist kein Maiden-Abklatsch. Die Musik ist direkter, rauer und persönlicher. Gespielt wird nicht in riesigen Arenen, sondern in intimen Clubs, wo Harris den direkten Kontakt zum Publikum genießt. Es ist sein Weg, zu seinen Wurzeln zurückzukehren und Musik aus reiner Leidenschaft zu machen, frei vom Erwartungsdruck, der auf Iron Maiden lastet. Dieses Projekt beweist, dass seine kreative Quelle auch nach all den Jahren noch lange nicht versiegt ist.
Bruce Dickinson: Der Renaissance-Mensch
Wenn es ein Mitglied gibt, dessen Leben wie ein Abenteuerroman klingt, dann ist es Paul Bruce Dickinson. Als “The Air Raid Siren” bekannt, ist seine Stimme eine Naturgewalt. Doch seine Talente sind so vielfältig, dass die Musik nur ein Kapitel seiner unglaublichen Geschichte darstellt.
Der Pilot: Von der Bühne ins Cockpit
Stell dir vor, du steigst in ein Flugzeug und der Pilot begrüßt dich mit der gleichen Stimme, die “Run to the Hills” gesungen hat. Für viele Fans wurde dieser Traum zur Realität. Bruce Dickinson ist ein lizenzierter Linienpilot. Jahrelang flog er für die Charterfluggesellschaft Astraeus Airlines.
Seine berühmteste Rolle in der Luftfahrt war jedoch die des Piloten von “Ed Force One”, der speziell umgebauten Boeing 747, mit der Iron Maiden um die Welt tourte. Dickinson steuerte das riesige Flugzeug voller Band, Crew und Equipment persönlich von Kontinent zu Kontinent. Diese Leistung ist nicht nur ein cleverer PR-Schachzug, sondern ein Zeugnis seiner unglaublichen Disziplin und seines Könnens. Er gründete sogar seine eigene Firma für Flugzeugwartung, Cardiff Aviation.
Fechter, Autor und Unternehmer
Als wäre das Fliegen nicht genug, war Dickinson in seiner Jugend ein passionierter und erfolgreicher Fechter, der es fast in den britischen Olympiakader geschafft hätte. Diese Präzision und strategische Denkweise spiegeln sich auch in seiner Bühnenpräsenz wider.
Darüber hinaus ist er ein Bestsellerautor. Seine Autobiografie “What Does This Button Do?” ist ein humorvoller und ehrlicher Einblick in sein Leben. Zuvor schrieb er bereits zwei satirische Romane über die Abenteuer des Lord Iffy Boatrace.
Und vergessen wir nicht den Unternehmer: Bruce Dickinson war die treibende Kraft hinter dem extrem erfolgreichen “Trooper Beer“, das in Zusammenarbeit mit der Robinsons Brewery gebraut wird. Vom Fliegen übers Fechten bis zum Bierbrauen – Bruce Dickinson ist der ultimative Renaissance-Mensch des Heavy Metal.
Dave Murray: Der lächelnde Virtuose und das stille Genie

In einer Band voller starker Persönlichkeiten ist Dave Murray der Fels in der Brandung. Sein flüssiger, legato-lastiger Gitarrenstil ist die perfekte Ergänzung zu den anderen Gitarristen und ein essenzieller Teil des Maiden-Sounds. Auf der Bühne ist er für sein ständiges Lächeln bekannt – ein Ausdruck purer Spielfreude.
Der geheimnisvolle Gentleman
Im Gegensatz zu Bruce Dickinson oder Steve Harris ist Dave Murray eine sehr private Person. Er gibt selten ausführliche Interviews und hält sein Familienleben bewusst aus der Öffentlichkeit heraus. Diese Bescheidenheit und Bodenständigkeit machen ihn bei Fans und Bandkollegen gleichermaßen beliebt.
Seine Geschichte ist die eines Jungen aus einfachen Verhältnissen, der durch die Musik seine Bestimmung fand. Die Gitarre war sein Ausweg und seine Leidenschaft. Er ist der einzige Musiker neben Steve Harris, der auf jedem Iron-Maiden-Album zu hören ist. Diese Beständigkeit und Loyalität sind das Rückgrat der Band.
Eine lebenslange Liebe: Die Fender Stratocaster
Während andere Gitarristen ihre Ausrüstung ständig wechseln, ist Dave Murray seiner Hauptgitarre seit Jahrzehnten treu: einer schwarzen Fender Stratocaster. Insbesondere sein 1957er Modell, das er einst von Paul Kossoff (Gitarrist der Band Free) gekauft haben soll, wurde zur Legende. Auch wenn er heute moderne Versionen spielt, ist die Stratocaster ein untrennbarer Teil seiner musikalischen Identität. Sein Sound ist der Beweis, dass man kein Arsenal an Effekten braucht, um einen unverkennbaren Ton zu erzeugen – nur Gefühl, Talent und das richtige Instrument in den Händen.
Adrian Smith: Der melodische Meister und der passionierte Angler
Als Adrian Smith 1980 zur Band stieß, brachte er eine neue Dimension in den Sound von Iron Maiden. Seine bluesigeren, melodischeren Einflüsse und sein ausgeprägtes Gespür für Hooks bereicherten das Songwriting enorm. Klassiker wie “2 Minutes to Midnight” oder “Wasted Years” stammen maßgeblich aus seiner Feder.
Monsters of River & Rock: Die Leidenschaft des Angelns
Wenn Adrian nicht gerade ein Riff schreibt oder ein Solo spielt, findet man ihn höchstwahrscheinlich an einem Fluss oder See. Er ist ein unglaublich passionierter Angler. Diese Leidenschaft geht so tief, dass er darüber sogar ein Buch geschrieben hat: “Monsters of River & Rock“.
In seinem Buch zieht er Parallelen zwischen den Herausforderungen des Tourlebens und der Geduld, die beim Angeln auf den großen Fang erforderlich ist. Er berichtet von Angelausflügen auf der ganzen Welt, die er während der Maiden-Touren unternahm – vom Amazonas bis zu den Flüssen Kanadas. Es ist ein faszinierender Einblick in die Seele eines Mannes, der in der Stille der Natur einen Ausgleich zur lauten Welt des Rock ‘n’ Roll findet.
Ein kreativer Geist, der nie ruht
Adrian verließ die Band 1990, um seinen eigenen musikalischen Weg zu gehen, unter anderem mit seiner Band A.S.A.P. (Adrian Smith and Project). Nach seiner triumphalen Rückkehr zu Maiden im Jahr 1999 blühte seine Kreativität erneut auf.
Doch auch heute noch sucht er nach neuen musikalischen Herausforderungen. Ein perfektes Beispiel ist sein jüngstes Projekt “Smith/Kotzen“, eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Gitarrenvirtuosen Richie Kotzen. Hier verschmelzen ihre bluesigen Hardrock-Wurzeln zu einem Sound, der sowohl frisch als auch vertraut klingt und zeigt, dass Adrians musikalischer Horizont keine Grenzen kennt.
Janick Gers: Der Bühnenakrobat und der versteckte Intellektuelle
Janick Gers trat 1990 in große Fußstapfen, als er Adrian Smith ersetzte. Zuvor hatte er sich bereits einen Namen als Gitarrist für Ian Gillan (Deep Purple) und in Bruce Dickinsons Soloband gemacht. Mit seiner unglaublich energiegeladenen und theatralischen Bühnenperformance – inklusive Gitarren-Jonglage – brachte er eine neue visuelle Dynamik in die Live-Shows von Iron Maiden.
Mehr als nur ein Wirbelwind
Seine Performance auf der Bühne lässt ihn wie einen reinen Rockstar wirken, doch hinter der Fassade des wilden Gitarristen verbirgt sich ein scharfer Intellekt. Janick Gers hat einen Universitätsabschluss in Geschichte und Soziologie. Dieses akademische Fundament verleiht ihm eine nachdenkliche und analytische Perspektive, die man vielleicht nicht erwarten würde.
Er ist bekannt für seine tiefgründigen Gespräche über Geschichte, Politik und Gesellschaft. Diese intellektuelle Seite mag im lauten Kontext einer Metal-Show verborgen bleiben, aber sie ist ein wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit und fließt sicherlich in sein Verständnis von Maidens oft historisch inspirierten Texten ein.
Von White Spirit zu Iron Maiden
Janicks Karriere begann in der Ära der New Wave of British Heavy Metal (NWOBHM) mit seiner Band White Spirit. Sein Weg kreuzte sich immer wieder mit dem von Iron Maiden, bis er schließlich ein fester Bestandteil wurde. Als Adrian Smith 1999 zurückkehrte, traf die Band eine ungewöhnliche, aber geniale Entscheidung: Anstatt Janick zu entlassen, behielten sie ihn und wurden zu einer Band mit drei Lead-Gitarristen. Diese Konstellation ermöglichte noch komplexere und kraftvollere Gitarrenharmonien und ist heute ein Markenzeichen ihrer Live-Auftritte.
Nicko McBrain: Der Taktgeber und der Mann des Glaubens
Seit seinem Einstieg bei Iron Maiden für das Album “Piece of Mind” im Jahr 1983 ist Michael “Nicko” McBrain der rhythmische Motor der Band. Sein einzigartiger, schwungvoller Stil, bei dem er bewusst auf ein Double-Bass-Pedal verzichtet, verleiht dem Sound eine organische und unglaublich kraftvolle Dynamik. Sein breites Grinsen hinter dem riesigen Drum-Kit ist legendär.
Die überraschende spirituelle Wende
Die vielleicht größte Überraschung in Nickos Leben abseits der Bühne ist seine tiefe Religiosität. Ende der 1990er Jahre erlebte er eine tiefgreifende spirituelle Bekehrung und ist seitdem ein wiedergeborener Christ. Diese Veränderung hat sein Leben fundamental beeinflusst.
Er spricht offen über seinen Glauben und wie er ihm Kraft und einen neuen Sinn im Leben gegeben hat. Es mag wie ein Widerspruch zur oft düsteren und mythologischen Bildsprache von Iron Maiden erscheinen, doch für Nicko ist es kein Konflikt. Er sieht sein Talent als ein Geschenk Gottes und lebt seinen Glauben in Harmonie mit seiner Rolle in einer der größten Metal-Bands der Welt. Diese Reise vom wilden Rock’n’Roll-Leben zu einem Mann des Glaubens ist eine der bewegendsten Geschichten innerhalb der Band.
Leidenschaft für schnelle Autos und feines Schlagzeugspiel
Neben der Religion hat Nicko zwei weitere große Leidenschaften: schnelle Autos und natürlich Schlagzeuge. Er ist ein bekennender Liebhaber von Jaguar-Automobilen und besitzt eine beeindruckende Sammlung. Jaguar ehrte ihn sogar mit einem speziell nach seinen Wünschen angefertigten “Greatest Hits” XJ6.
Darüber hinaus ist er ein wahrer Kenner seines Handwerks. Er betreibt in Florida einen Schlagzeugladen namens “Nicko McBrain’s Drum One” und arbeitet eng mit den Herstellern Paiste (Becken) und British Drum Company (Schlagzeuge) zusammen, um seine eigenen Signature-Produkte zu entwickeln.
Das siebte Mitglied: Eddie the Head
Man kann nicht über die Identität von Iron Maiden sprechen, ohne ihr weltberühmtes Maskottchen zu erwähnen: Eddie the Head. Ursprünglich vom Künstler Derek Riggs erschaffen, ist Eddie weit mehr als nur ein Cover-Motiv. Er ist ein vollwertiges Mitglied der Band, das auf jedem Albumcover, auf unzähligen T-Shirts und bei jeder Live-Show in beeindruckender Gestalt auf der Bühne erscheint.
Eddie verkörpert die Thematik des jeweiligen Albums – mal als ägyptischer Pharao (“Powerslave”), mal als Cyborg der Zukunft (“Somewhere in Time”) oder als Soldat (“The Trooper”). Er ist das visuelle Aushängeschild und ein Symbol für die unbändige, fantasievolle und oft provokante Energie von Iron Maiden.
Fazit: Mehr als nur eine Band

Iron Maiden ist ein Phänomen, weil die Band so viel mehr ist als die Summe ihrer Teile. Sie ist eine Bruderschaft von sechs außergewöhnlich talentierten Individuen, deren persönliche Leidenschaften und vielfältige Charaktere das Fundament für ihren anhaltenden Erfolg bilden.
Der Kapitän und Fußballfan Steve Harris, der Renaissance-Mensch Bruce Dickinson, der stille Virtuose Dave Murray, der passionierte Angler Adrian Smith, der Bühnenakrobat und Historiker Janick Gers und der gläubige Taktgeber Nicko McBrain – sie alle bringen ihre einzigartigen Lebenserfahrungen in die Musik ein.
Ihre Hobbys und Nebenprojekte sind kein bloßer Zeitvertreib. Sie sind Ventile für Kreativität, Quellen der Inspiration und der Beweis dafür, dass die Männer, die hinter den größten Hymnen des Heavy Metal stehen, genauso vielschichtig, leidenschaftlich und menschlich sind wie ihre Fans. Sie sind Piloten, Fischer, Sportler, Denker und Unternehmer. Und genau diese Mischung macht Iron Maiden zu einer Legende, die auch nach über 45 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren hat.