Nicolas Maduro: So groß ist sein Vermögen wirklich

Es ist einer der tragischsten Widersprüche unserer Zeit. Auf der einen Seite steht Venezuela, ein Land von atemberaubender Naturschönheit und einst eine der reichsten Nationen Lateinamerikas dank seiner riesigen Ölreserven. Heute ist es ein Land im Griff einer der schwersten humanitären und wirtschaftlichen Krisen der modernen Geschichte. Millionen Menschen sind geflohen, die verbliebene Bevölkerung leidet unter Hyperinflation, Hunger und einem zerfallenen Gesundheitssystem.

Auf der anderen Seite steht Nicolás Maduro, der Mann, der das Land seit dem Tod seines Vorgängers Hugo Chávez im Jahr 2013 mit eiserner Hand regiert. Während sein Volk leidet, ranken sich um den ehemaligen Busfahrer und Gewerkschaftsführer hartnäckige Gerüchte und schwere Vorwürfe über einen unermesslichen, verborgenen Reichtum.

Doch wie reich ist der Präsident Venezuelas wirklich? Eine offizielle Zahl gibt es nicht, sie ist eines der bestgehüteten Staatsgeheimnisse. Doch jahrelange Recherchen von investigativen Journalisten, Berichte von Nichtregierungsorganisationen und Aussagen von übergelaufenen Regierungsbeamten zeichnen das Bild eines kolossalen Vermögens, das durch die systematische Plünderung staatlicher Ressourcen angehäuft worden sein soll. Dies ist ein Blick auf die Mechanismen hinter diesem Reichtum und eine Schätzung, wie groß das Vermögen von Nicolás Maduro wirklich sein könnte.

Nicolas Maduro
Nicolas Maduro

Der öffentliche Präsident und der verborgene Reichtum

Offiziell ist Nicolás Maduro ein Mann des Volkes. Er inszeniert sich als bescheidener, sozialistischer Führer, der den Kampf gegen den „imperialistischen“ Kapitalismus der USA führt. Sein offizielles Präsidentengehalt ist dementsprechend niedrig und beläuft sich auf wenige tausend US-Dollar im Monat – ein symbolischer Betrag.

Diese öffentliche Darstellung steht in krassem Kontrast zur Realität in seinem Land. Die venezolanische Wirtschaft ist seit seinem Amtsantritt um mehr als 75 % geschrumpft. Die Hyperinflation hat den Bolivar, die Landeswährung, praktisch wertlos gemacht. Laut Berichten von humanitären Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) leben über 90 % der Bevölkerung in Armut.

Dieser dramatische Verfall des Landes, über den Medien wie die Deutsche Welle regelmäßig berichten, wirft eine unausweichliche Frage auf: Wie ist es möglich, dass der Anführer eines so verarmten Staates im Verdacht steht, einer der reichsten Männer Lateinamerikas zu sein? Die Antwort liegt in den undurchsichtigen Strukturen des venezolanischen Staates, die offenbar als riesiger Selbstbedienungsladen für eine kleine, loyale Elite dienen.

Die Quellen des Vermögens: Wie man in einem kollabierenden Staat Milliarden verdient

Der Reichtum von Maduro und seinem inneren Zirkel soll aus mehreren Quellen stammen, die alle auf der Kontrolle über die staatlichen Ressourcen und der Ausnutzung der Krise basieren.

1. PDVSA: Die staatliche Ölgesellschaft als private Goldgrube

Die wichtigste Quelle des Reichtums war und ist die staatliche Ölgesellschaft Petróleos de Venezuela, S.A. (PDVSA). Vor dem wirtschaftlichen Kollaps war PDVSA das Herz der venezolanischen Wirtschaft und einer der größten Ölkonzerne der Welt. Investigativen Berichten zufolge, unter anderem vom Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), wurde das Unternehmen zu einem riesigen System der Selbstbereicherung.

  • Überteuerte Verträge: Loyalisten des Regimes erhielten überteuerte Verträge für Dienstleistungen oder Ausrüstung. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten und dem Rechnungsbetrag wurde dann auf private Konten im Ausland geschleust.
  • Fiktive Lieferungen: Es wurden Verträge für Öllieferungen oder Importe von Ausrüstung abgeschlossen, die nie stattfanden. Die Gelder dafür flossen jedoch.
  • Schwarzmarkt-Verkäufe: Ein Teil der Ölproduktion wurde offenbar an den offiziellen Büchern vorbei auf dem Schwarzmarkt verkauft, wobei die Gewinne direkt in private Taschen flossen.

Obwohl die Ölproduktion unter Maduro drastisch gesunken ist, generiert sie immer noch Milliarden von Dollar, deren Verbleib oft unklar ist.

Nicolas Maduro
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2. Der illegale Gold- und Mineralienhandel

Als die Ölindustrie durch Misswirtschaft und Sanktionen zu straucheln begann, erschloss sich das Regime eine neue, lukrative Einnahmequelle: den Abbau von Gold und anderen Mineralien im Amazonasgebiet. Das Projekt „Arco Minero del Orinoco“, eine riesige Bergbauzone im Süden des Landes, wurde offiziell zur Ankurbelung der Wirtschaft ins Leben gerufen.

Menschenrechtsorganisationen und investigative Journalisten berichten jedoch, dass diese Zone zu einem gesetzlosen Raum geworden ist, der von kriminellen Banden und dem Militär kontrolliert wird. Illegal geschürftes Gold, Diamanten und Coltan werden außer Landes geschmuggelt und auf dem internationalen Markt verkauft. Die Gewinne aus diesem blutigen Geschäft sollen sich auf Milliarden von Dollar belaufen und direkt an hochrangige Militärs und Politiker fließen.

3. Währungskontrolle als Bereicherungsmaschine

Ein weiteres, extrem profitables System war die jahrelange strikte Währungskontrolle. Die Regierung legte einen offiziellen, künstlich niedrigen Wechselkurs für den US-Dollar fest. Nur eine kleine, privilegierte Gruppe von Regierungsmitgliedern und Geschäftsleuten hatte Zugang zu diesen billigen Dollars. Sie konnten Dollars zum offiziellen Kurs von beispielsweise 10 Bolivar kaufen und sie auf dem Schwarzmarkt für 10.000 Bolivar oder mehr verkaufen – ein sofortiger, risikoloser Gewinn von 100.000 %. Dieses System, bekannt als CADIVI, gilt als einer der größten Korruptionsmechanismen der Geschichte.

4. Importe von Lebensmitteln und Medikamenten

Selbst aus der Not der eigenen Bevölkerung soll die Elite Profit geschlagen haben. Venezuela ist stark von Importen abhängig. Berichten zufolge wurden staatliche Verträge für den Import von Lebensmitteln und Medikamenten massiv überteuert. Ein Container mit Mais, der 20.000 Dollar kostet, wurde dem Staat für 100.000 Dollar in Rechnung gestellt. Die Differenz teilten sich der Importeur und der korrupte Beamte.

Das Netzwerk: Wer verwaltet und versteckt das Vermögen?

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass dieses Vermögen auf Konten mit dem Namen Nicolás Maduro liegt. Der Reichtum wird durch ein komplexes Netzwerk von Familienmitgliedern, loyalen Geschäftsleuten und einem System aus Briefkastenfirmen verwaltet und versteckt.

  • Die Rolle der Familie: Seine Ehefrau, Cilia Flores, die er oft als „Erste Kämpferin“ bezeichnet, gilt als extrem mächtige und einflussreiche Figur im Regime. Auch seine Söhne, oft abfällig „Los Chamos“ (die Jungs) genannt, stehen im Verdacht, in lukrative Regierungsgeschäfte verwickelt zu sein.
  • Die „Boliburguesía“: Dies ist der Spitzname für die „Bolivarische Bourgeoisie“ – eine neue Klasse von Superreichen, die ihren Wohlstand ausschließlich ihren engen Verbindungen zu den Regierungen von Chávez und Maduro verdanken. Sie agieren als Strohmänner und verwalten die Vermögen der politischen Elite im Ausland.
  • Offshore-Systeme: Internationale Recherchen wie die „Panama Papers“, koordiniert vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), haben immer wieder gezeigt, wie venezolanische Funktionäre Briefkastenfirmen in Steueroasen wie Panama, der Schweiz oder Andorra nutzen, um ihre unrechtmäßig erworbenen Vermögen zu waschen und zu verstecken.

Schätzungen und Sanktionen: Wie groß ist das Vermögen nun wirklich?

Nicolas Maduro
Nicolas Maduro

Eine genaue Zahl zu nennen, ist unmöglich. Die Schätzungen variieren stark, je nach Quelle.

  • Venezolanische Oppositionspolitiker und exilierte Journalisten sprechen oft von einem Vermögen im Bereich von 1 bis 2 Milliarden US-Dollar für Maduro und seine engste Familie.
  • Internationale Ermittlungsbehörden sind vorsichtiger, aber auch sie gehen von mehreren hundert Millionen Dollar aus.

Ein Indiz für die Existenz dieses versteckten Reichtums sind die internationalen Sanktionen. Das US-Finanzministerium (U.S. Department of the Treasury) und die Europäische Union haben gezielte Sanktionen gegen Maduro und Dutzende von hochrangigen Funktionären seines Regimes verhängt. Diese Sanktionen zielen darauf ab, ihre im Ausland vermuteten Vermögen einzufrieren und ihnen den Zugang zum internationalen Finanzsystem zu verwehren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es zwar keine exakte und überprüfbare Zahl für das Vermögen von Nicolás Maduro gibt, aber eine überwältigende Menge an Indizien und investigativen Berichten deutet auf einen Reichtum von hunderten von Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Dollar hin.

Die Geschichte seines Vermögens ist untrennbar mit der Geschichte des tragischen Niedergangs Venezuelas verbunden. Es ist der ultimative Widerspruch eines Mannes, der im Namen des Sozialismus und des Anti-Imperialismus an die Macht kam, aber nun im Verdacht steht, wie ein kapitalistischer Oligarch zu leben, während sein Land in Armut versinkt. Die wahre Größe seines Vermögens mag verborgen sein, aber die Mechanismen seiner Entstehung sind ein offenes und schmerzhaftes Geheimnis.

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