(dpa) Berlin – Bund und Länder verschärfen unter dem Druck der sich rasant ausweitenden Corona-Zahlen die Beschränkungen zur Vorbereitung auf den bevorstehenden Krisenzyklus immer dringender.
Ab diesem Mittwoch haben nur noch Geimpfte und Genesende (2G) in Baden-Württemberg Zugang zu Museen, Restaurants und zahlreichen Aktivitäten. Ungeimpfte dürfen ab Samstag keine Kneipen, Restaurants oder Diskotheken in Hamburg mehr betreten. Thüringen hat sich für eine 2G-Verpflichtung in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgesprochen, Nordrhein-Westfalen für Erwachsene im Freizeitbereich. Die sich verschlechternde Situation hat eine Debatte darüber entfacht, ob einige Berufsgruppen geimpft werden sollten.
Die Expansion von Corona in Deutschland nimmt weiter Fahrt auf. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) stieg die Zahl der in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Menschen registrierten Neuinfektionen am Dienstag auf einen Höchststand von 312,4. Die 7-Tage-Inzidenz betrug 303,0 am Tag zuvor und 213,7 eine Woche zuvor. Mit 759,3 ist sie mit Abstand die höchste in Sachsen; Auch Bayern und Thüringen liegen weit über der 500er-Marke. Schleswig-Holstein ist mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 105,2 die niedrigste in Deutschland.
Baden-Württemberg werde “Alarmstufe” erreichen, so Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Sie tritt am zweiten Werktag in Kraft, nachdem die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen die entscheidende Zahl von 390 überschritten hat. Die „Warnstufe“ sei bereits umgesetzt worden, was vielen Ungeimpften Einschränkungen auferlege. Der Senat in Hamburg hat die 3G-Norm, die den Zugang zu Geimpften, Genesenen und Getesteten an verschiedenen Orten ermöglichte, aufgehoben und 2G in allen Bereichen, auch in Theatern und Kinos, notwendig gemacht. „Wir hoffen, dass die Lage in Hamburg stabil bleibt und wir sicher durch den Winter kommen“, sagte Oberbürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
Die neuen 2G-Standards in Thüringen werden diese Woche von den Kommunen verabschiedet und später in einem Gesetz verankert. Nur geimpfte und genesene Personen haben Zugang zu Restaurants, Unterkünften und Aktivitäten. Berlin erwägt, die Schrauben noch weiter anzuziehen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller stellte fest, dass für nächste Woche Pläne vorbereitet werden, die Option von 2G plus über 2G hinaus einzuführen. (SPD). Dies kann unter anderem bedeuten, dass größere Abstände eingehalten, Masken getragen oder negative Tests gemeldet werden müssen. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens in der Stadt gelten erst seit Montag schärfere Regeln.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten treffen sich am Donnerstag, um eine gemeinsame Haltung zu erarbeiten. Am Donnerstag soll der Bundestag Gesetzesvorschläge der potenziellen Koalitionspartner SPD, FDP und Grüne übernehmen. Demnach soll es Staaten erlaubt sein, nach einer Entscheidung des Landesgesetzgebers Kontakte einzuschränken und Freizeitveranstaltungen zu verbieten. Der öffentliche Nah- und Fernverkehr sowie der Arbeitsplatz werden mit 3G ausgestattet. Ausgangs- oder Reisebeschränkungen sowie Schul-, Laden- oder Restaurantschließungen sollen abgeschafft werden.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz forderte eine Diskussion über die Impfpflicht für einige Berufsgruppen. Eine Einführung sei nur denkbar, wenn “viele Lust auf eine Teilnahme haben”, sagte der Exekutiv-Vizekanzler am Montagabend auf der Wirtschaftskonferenz “Süddeutsche Zeitung”. “Wenn es geschafft ist, würde ich das genießen”, sagte er. “Wir werden in den nächsten Wochen sehen, ob wir die Impfpflicht verpflichten können oder nicht”, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gegenüber RTL/ntv. Dieses Gespräch sollte im Rahmen eines zukünftigen Bündnisses und auf gesellschaftlicher Ebene stattfinden.
Die Ampelparteien wollten laut Grünen beispielsweise über Impfpflichten für Personal in Seniorenheimen diskutieren. Michael Theurer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, sagte im ZDF, er könne eine Verantwortung für einige Berufsgruppierungen “sehen”. Wie Vorsitzende Maike Finnern dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mitteilte, lehnt die Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW) eine Impfpflicht ab.
Alice Weidel, die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, hat die Ampel-Vorschläge zur Auferlegung von Grenzwerten gesprengt. “Anstatt den Menschen die Eigenverantwortung zurückzugeben, greift Rot-Grün-Gelb zu extremen Maßnahmen wie willkürlichen Kontaktbeschränkungen und Zwangsimpfungen durch die Hintertür”, sagte eine Sprecherin.
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Seit Dienstag erhalten Praxisärzte als Anreiz für mehr Corona-Impfungen eine deutlich höhere Vergütung: Statt bisher 20 Euro pro Impfung sind es jetzt 28 Euro pro Impfung und 36 Euro am Wochenende, wie es eine neue Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums vorschreibt . An Feiertagen, Heiligabend und Silvester gilt der Zuschlag zusätzlich.